Private Surfer-Daten werden verscherbelt

Als vor etwas mehr als einem halben Jahr der Skandal über AOL hereinbrach, weil das Portal die (anonymisierten) Suchdaten von benutzern veröffentlicht hatte, ahnte niemand, wie tief das Rattenloch ist. Journalisten und Blogger bewiesen binnen weniger Stunden, dass aus der Liste von Suchbegriffen einzelner Nutzer blitzschnell ein Profil erstellt werden kann, mit dem die Ursprungsperson zweifelsfrei ermittelt werden kann.

Sie glauben, das sei irrelevant? Weil die Daten Ihrer Websuche kaum Privates enthalten?

Ok, wie wärs dann mit ihrem Clickstream? Das ist die lückenlose Liste aller Webseites, die sie ansurfen – in chronologischer Reihenfolge. Sie finden sie in der «History» oder dem «Verlauf» ihres Browsers. Gucken sie Die Liste mal an und überlegen Sie sich, was die über Sie aussagt.

Denn letzte Woche hat Stan James bekanntgemacht, dass Kabalanbieter wie Comcast im Land der unbegrenzten Möglichkeiten (und der Absenz jeglicher Form von Datenschutz) diese Clickstreams verkaufen. Zu 40 Cent pro Stück, an Marketing-und Analysefirmen.

Kein Problem, richtig? Wollen mal sehen: Inmitten der Liste von Webseiten mit «Adult-Content» und einem Wust von unregelmässig angesurften Webseiten von News bis zu Ebay finden sich, ziemlich regelmässig: Ihre Bank. Ihre zweite Bank. Das Intranet Ihres Arbeitgebers. Der Flickr-Account ihres Neffen. Und fast täglich Ihre eigene Blog-Website, wo sie einen Eintrag posten. Und so weiter.

Wie lange, glauben Sie, braucht ein halbwegs gewitzter Analytiker, um aus der Statistik ihren Wohnort, ihren Beruf, Ihre Bank und dann sehr rasch an Hand einiger persönlicher Seiten Ihren Namen zu eruieren?

Oder, anders gefragt: Wären Sie einverstanden, dass Ihre Kreditkartenfirma die Details Ihrer EC-Kartenbezüge (selbstredend anonymisiert!) für den Zeitraum eines halben jahres an eine Drittfirma verkauft?

Das alles ist in Europa kaum denkbar. Da dürfen Firmen ihre Daten über Sie nicht verkaufen. Nur vertrauenswürdige Organisationen wie der Deutsche Verfassungsschutz kriegen Zugriff auf sowas.

Am meisten nervt mich daran, dass dieses gigantische Sicherheitsleck zum Gegenwert von 40 Cent pro Person erstellt wird – ein Spottpreis für Daten, die nach gesundem Menschenverstand wohl kaum Eigentum des Infrastrukturanbieters sein können.

 

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert