Roadkill

RoadkillOklahoma hat uns begrüsst, wie uns Arkansas verabschiedet hat – mit gewundenen Nebenstrassen in skandinavisch anmutenden Mischwäldern. Wärs hier nicht noch heisser geworden – über 100 Grad Fahrenheit oder irgendwo bei 35 Grad Celsius – wir hätten die Landschaft genossen. So aber wars eine Qual, die erst mit abnehmender Sonne erträglich wurde. Was uns schon seit spätestens Virginia aufgefallen ist, sind die vielen platt gefahrene Tiere auf und neben der Strasse. «Roadkill» nennen die Amerikaner das Waschbären, Hunde, Rehe, Opposums, Chipmunks, Skunks, eine Schlange und heute in Oklahoma auch jede Menge Gürteltiere. Die haben zwar eine harte Schale, damit den Monstertrucks aber auch nichts entgegenzusetzen – irgendwie schon fast eine Analogie auf das gnadenlose Marktsystem der USA: Weiterlesen

Mojo of Arkansas

Arkansas-SümpfeWir haben’s nicht bis Oklahoma geschafft, aber das macht gar nichts: Ich tippe diese Zeilen auf der Veranda unseres Zimmers in einer Lodge am Lake Ouachita in Arkansas, und wir sind ganz verblüfft, was dieser kleine Staat zu bieten hat – eine geradezu tropische Nacht voller Froschgequake und bei Temperaturen von weit über zwanzig Grad.

Die Hitze hat uns gleich nach der Abfahrt aus Memphis schon zu schaffen gemacht. Hier herrschen derzeit über dreissig Grad, und diejenigen von uns, die nicht wie ich über eine zerlegbare Töffjacke verfügen, kommen ganz schon ins Schwitzen. Ein Grund für den Zimmerbezug in der Lodge war denn auch der (eiskalte) See, der zum Bade lockte… Weiterlesen

Sweetheart auf der Bank

Bankgeschäfte in den USAIrgendwo kurz vor der Grenze zu Tennessee hat mich meine Steuerberaterin angerufen. Ich müsste meine Deklaration vor Ostermontag einreichen, sagte sie mir auf meinen Rückruf hin, den ich von irgendeiner Tankstelle irgendwo im Nichts getätigt habe. Aber aus dem Nichts ist es schwierig, Steuerdeklarationen zu verschicken – also hat sie einen Aufschub beantragt, den ich aber mitsamt dem Steuerbetrag trotzdem vor dem 17. an die Steuerbehörde in San Francisco schicken müsse.

Weil meine Steuerberaterin allerdings E-Mail grundsätzlich nicht benutzt und auf den Fax schwört, musste ich einen Fax beschaffen, was im Nichts von Tennessee nicht so einfach ist. Im Steakhouse, wo wir zu Abend assen, musste die Managerin ihr Faxgerät zuerst anschliessen, und danach funktionierte der Empfang nicht. In der Tankstelle gegenüber wusste die Angestellte im entscheidenden Moment nicht, wie sie die Maschine manuell zur Entgegennahme des Dokuments bewegen konnte. Ich wurde langsam nervös, denn in Kalifornien gings nun auch schon gegen 17.00 Uhr – also schwang ich mich hinter die Theke und brachte den Fax dazu, meine Papiere auszuspucken.

Das war gestern.

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Töffreisen im 21. Jahrhundert

BMW K75SWir haben es geschafft, Washington auf dem äusseren Ring zu umfahren – allerdings nur, weil Pierre mich per Funk davon abgehalten hat, mitten in der Rushhour die falsche Ausfahrt stadtEINwärts zu nehmen. Später hat uns das Satellitennavigationsystem den Weg zu einem Hotel gezeigt. Und per Handy hab ich dann, weil die Unterkunft keinen Internetzugang zu bieten hatte, meine Mail abgerufen.

Man kann viele Argumente gegen diese Hightech-Reisehelfer anführen. Aber wenn ich mich an Töffreisen wie jene zu dritt vor fünfzehn Jahren durch Polen erinnere, frage ich mich, wie wir es geschafft haben, uns nicht ständig aus den Augen oder zumindest in den unbekannten Weiten der Masuren zu verlieren.

Philadelphia

philadelphiaJetzt sind wir also unterwegs: Die beiden Beemer laufen perfekt, das Wetter in den USA scheint es gut mit uns zu meinen, und wir freuen uns auf 4000 Meilen von New York nach San Francisco.

Gestern hat die BA schliesslich auch irgendwann morgens Pierres Gepäck aus London nachgeliefert, das sie verloren hatte. Und um nicht noch länger auf die Lieferung warten zu müssen, haben wir entschieden, es nicht nach Hoboken bringen zu lassen, sondern gleich mit beiden Motorrädern am JFK-Flughafen vorbeizufahren und es abzuholen. Das hat uns neben einer Busse fürs Parkhaus einige Stunden Stillstand im Gridlock von Brooklyn und auf der Auswärtsroute auf Staten Island gekostet, aber irgendwann gegen abend kamen wir dann auf dem Turnpike aus New Jersey raus.

Jetzt geniessen wir den Morgen im sonnigen Phily und bereiten uns auf die Fahrt in die Smokey Mountains vor.

Die Menschen in meiner Wand

Das typische Townhaus in San Francisco besteht aus Holz. Genauer: Aus Sperrholz, oder dem, was die Amerikaner «Plywood» nennen.

Die Bauweise hat Vorteile: Im Falle eines Erdbebens fällt mir jedenfalls keine schwere Betondecke auf den Kopf.

Und es hat Nachteile: Im Falle eines Erdbebens mit Gasleitungsbruch (oder aufgrund einer weggeworfenen Zigarette) fackeln die Dinger ab wie, na – eben Sperrholzhäuser.

Aber vor allem wohnt es sich in den Kästen wie in Kartonschachteln. Will heissen, ich belausche jedes Telefonat meiner Nachbarin im untern Stockwerk. Ich vibriere mit, wenn Kevin links nebenan die Zähne putzt. Und ich wache auf, wenn Scott rechts nebenan gleich neben meinem Bett seinen Anzug aus dem Walk-In-Closet nimmt.

Demnächst werde ich ihn und seine Frau bitten müssen, die Schranktüre zu schliessen, wenn sie die Frühlingsgefühle ausleben.